Neuer Hebammenhilfevertrag gefährdet geburtshilfliche Versorgung in Hessen

Der neue Hebammenhilfevertrag sorgt hessenweit für große Verunsicherung – insbesondere bei den selbstständigen Beleghebammen, aber auch bei den Schwangeren, die auf eine wohnortnahe, verlässliche Geburtshilfe angewiesen sind. Die FREIE WÄHLER Hessen warnen: Die neuen Regelungen verschärfen die ohnehin angespannte Lage in der Geburtshilfe und könnten zu dramatischen Versorgungslücken führen.
„Wir haben beim Hessischen Hebammenverband um eine Auskunft gebeten und bedanken uns ausdrücklich für die schnelle und sachliche Stellungnahme“, so Christin Jost, Leiterin der Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheit, Pflege und Soziales der FREIE WÄHLER Hessen. „Die Rückmeldungen zeigen deutlich: Wenn die Politik jetzt nicht handelt, wird es noch ernster als es schon ist.“
Was ist der neue Hebammenhilfevertrag?
Der Hebammenhilfevertrag regelt die Vergütung und Arbeitsbedingungen von freiberuflich tätigen Hebammen in Deutschland. Der nun in Kraft getretene Vertrag basiert auf einem Schiedsspruch, der unter anderem zu strukturellen Änderungen in der Organisation der Beleghebammentätigkeit führt. Dabei geht es nicht nur ums Geld – sondern um rechtliche, organisatorische und praktische Vorgaben, die viele Hebammen in ihrer Existenz gefährden.
Geburtshilfe in Hessen am Limit
In Hessen gibt es derzeit 41 geburtshilfliche Einrichtungen, davon 8 reine Beleghäuser und 2 mit Mischsystemen (angestellte und Beleghebammen gemeinsam). Diese sogenannten Belegabteilungen decken rund 20 Prozent der Geburten in Hessen ab.
„Wenn auch nur ein Teil dieser Belegabteilungen wegfällt, entsteht ein Dominoeffekt. Schwangere – wie aktuell im Raum Kassel / Hofgeismar – müssten Strecken von bis zu 90 Kilometern in Kauf nehmen, um die nächste geburtshilfliche Einrichtung zu erreichen. Eine Zumutung für Frauen in ländlichen Regionen“, so Jost. „Und auch in den Städten sind die Kapazitäten längst ausgereizt. Schon bei der Schließung des Kreißsaals in Wehrda mussten Frauen in Marburg auf dem Flur entbinden – solche Zustände dürfen sich nicht wiederholen.“
Bereits zur Landtagswahl 2023 haben die FREIE WÄHLER Hessen auf das drohende Versorgungsproblem in der Geburtshilfe aufmerksam gemacht. Doch noch immer fehlt es an strukturellen Antworten der Landes- und Bundespolitik.
Missverständnisse über Einkommensverhältnisse
Ein verbreitetes Vorurteil lautet, Beleghebammen hätten bislang „mehr verdient“ als ihre angestellten Kolleginnen. Der Hessische Hebammenverband stellt jedoch klar: Dieses Bild ist verzerrt. Belegerinnen sind selbstständig, tragen alle Sozialabgaben selbst, verdienen im Krankheitsfall nichts und finanzieren zusätzlich Betriebskosten. Unterm Strich bleibt kaum mehr als bei angestellten Hebammen – bei deutlich höherem Risiko.
Forderung: Vertrag nachbessern – Versorgung sichern
Die FREIE WÄHLER Hessen schließen sich der Einschätzung des Landesverbandes an: Der neue Hebammenhilfevertrag muss dringend nachgebessert werden. Die geplanten Änderungen gefährden nicht nur Arbeitsplätze, sondern vor allem die gesundheitliche Versorgung von Frauen und Neugeborenen.
„Es ist unsere politische Verantwortung, für eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Geburtshilfe in Hessen zu sorgen – in Städten und auf dem Land. Dafür braucht es starke, handlungsfähige Hebammen. Wir fordern Bund und Länder auf, die Hinweise aus der Praxis ernst zu nehmen und den Vertrag im Sinne der Versorgungssicherheit zu überarbeiten“, so Jost abschließend.